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PREISTRÄGER*INNEN DES KFFK N°18

Dies sind die Gewinner*innen der acht­zehn­ten Aus­ga­be des KFFK/Kurzfilmfestivals Köln. Drei Jurys ver­ga­ben fünf Prei­se. Dazu wur­den sowohl im Deut­schen Wett­be­werb als auch im Köl­ner Fens­ter je ein Publi­kums­preis ver­ge­ben. Die Jury­be­grün­dun­gen sind hier zu sehen:

Deut­scher Wettbewerb

1. JURY­PREIS

3.500 EUR ver­ge­ben in Koope­ra­ti­on mit

Detours While Spea­king Of Mons­ters (Regie: Deniz Şimşek)

JURY­BE­GRÜN­DUNG

Das Herz eines besieg­ten Unge­heu­ers liegt am Mee­res­grund, ver­stei­nert und den­noch immer noch wütend. Seit jeher schlum­mert es dort und ver­zeich­net Unter­drü­ckung und Ver­trei­bung. Es ver­gisst nichts und for­dert jetzt die Fil­me­ma­che­rin zum Gespräch auf. Der Dia­log bleibt frag­men­ta­risch, von Schwe­re, Erschöp­fung und sprach­li­chen Umwe­gen geprägt. Nichts ist klar, alles kommt mehr­mals und all­ge­gen­wär­tig das Ahnen einer Kata­stro­phe, was in der Ver­gan­gen­heit liegt, aber sich jeder­zeit wie­der­ho­len könnte.

Ara­rat, Artos, Zilan, Wan. Mythi­sche Orte der kur­di­schen und arme­ni­schen Land­schaft, die von Tra­gik und Ursprung erzählen.

Lang­sam for­miert sich beim Betrachter*in ein Gefühl von sicken­der, dick­flüs­si­ger Trau­er, das wie das Blut zwei­er ermor­de­ten Völ­ker durch die Rit­zen der Land­schaft bis in den See fließt, um ver­duns­tet wie­der auf die Ber­ge zu regnen.

Es ist kein Zufall, dass es zit­tern­de, abs­trak­te Land­schafts­bil­der sind, die uns lang­sam in die­sen kom­ple­xen fil­mi­schen Kos­mos ein­füh­ren. Durch Abs­trak­ti­on und Reduk­ti­on öff­net der Film Räu­me für eine Spra­che des Unsag­ba­ren und macht das kol­lek­ti­ve Trau­ma erfahr­bar. Erst in der zwei­ten Hälf­te der Erzäh­lung tau­chen Zei­chen von Zivi­li­sa­ti­on auf und damit die Mög­lich­keit kon­kre­ter zu wer­den: ein paar Scha­fe, dann Häu­ser, Kin­der­hän­de und schließ­lich einen schüch­tern schau­en­den Vater. Alles ist mit­ein­an­der ver­wo­ben und eben poli­tisch — auch wen man liebt. Das in Fra­ge­stel­len der Daseins­be­rech­ti­gung einer quee­ren Lie­be in einer kur­di­schen, lin­ken Fami­lie, so wie die zwei­er gan­zer Völ­ker. Es ist die­ser prä­zi­se dra­ma­tur­gi­sche Auf­bau des Films, wel­cher den Über­gang zwi­schen all die­ser Ebe­nen flie­ßend macht.

Deut­scher Wettbewerb

2. Jury­preis

Preis der Köl­ner Filmproduzent*innen, 2.600 EUR gestif­tet von

Igno­re Your True Fee­lings at Your Own Peril (Regie: Miran­da Siegel)

JURY­BE­GRÜN­DUNG

Ein Rau­nen geht durch den Kino­saal und eine Trig­ger­war­nung wird aus­ge­spro­chen: „Setzt euch eher an den Rand, wenn ihr einen ner­vö­sen Magen habt“, lau­te­te die war­nen­de Ankün­di­gung. Schon bevor der Film beginnt, ent­steht eine spür­ba­re Span­nung, eine Unru­he im Raum, ver­se­hen mit einer auf­ge­reg­ten Leichtigkeit.

Eine außer­ge­wöhn­li­che, kol­lek­ti­ve fil­mi­sche Erfah­rung, in der die Fil­me­ma­che­rin es schafft ein Gefühl ihrer Tor­tur auf den Zuschau­er zu über­tra­gen und mit redu­zier­ten Mit­teln zu lei­ten und zu beglei­ten. Die Prot­ago­nis­tin kotzt und kotzt und kotzt. Sie kotzt so viel, dass es annä­hernd uner­träg­lich wird dem zu fol­gen. Zum Glück fin­det die Prot­ago­nis­tin den Weg zur psych­ia­tri­schen Behand­lung, wo sie medi­ka­men­tös ein­ge­stellt wird und erkennt, dass sie ihre Gefüh­le nicht igno­rie­ren darf, was das letz­te Puz­zle­stück für ihre bipo­la­ren Epi­so­den sym­bo­li­siert. Ihre Zim­mer­nach­ba­rin erkennt in ihr eine gött­li­che Per­son und das Gespräch zu Gott scheint der letz­te Ausweg.

Eine humor­vol­le, bei­na­he spie­le­ri­sche Mon­ta­ge, ein Musik­stück, an Stel­len, an denen die Lee­re uner­träg­lich wäre und die teil­wei­se iro­nisch-nach­denk­li­chen Text­ein­blen­dun­gen, stüt­zen durch die­se scho­nungs­lo­se und aus­weg­lo­se Rei­se. Es ist ein Film, der for­dert – und gleich­zei­tig zeigt, wie wich­tig es ist, die­se Her­aus­for­de­rung anzunehmen.

Dan­ke, Miran­da, für Dei­ne Offen­heit, die­se Geschich­te zu erzäh­len. Für dei­ne Ehr­lich­keit, die kol­lek­ti­ven Emo­tio­nen, die du im Kino­saal aus­ge­löst hast, und für die ein­drucks­vol­le Dar­stel­lung, wie tief­grei­fend und kom­plex psy­chi­sche Erkran­kun­gen sein kön­nen. Und dan­ke dafür, dass du sogar das Kot­zen – roh und unge­schönt – in einen beson­de­ren, poe­ti­schen Rhyth­mus ver­wan­delt hast.

Deut­scher Wettbewerb

3. Jury­preis

Color­gra­ding (1 Stu­dio­tag) gestif­tet von

Tako Tsu­bo (Regie: Fan­ny Sor­go & Eva Pedroza)

JURY­BE­GRÜN­DUNG

Wie hoch ist der Preis für ein Leben ohne Schmerz und kom­pli­zier­te Gefüh­le? Wie weit sind wir in einer Leis­tungs­ge­sell­schaft — auf dem Weg der Selbst­op­ti­mie­rung — bereit zu gehen, um uns von den mensch­li­chen Las­tern und Wider­sprü­chen zu befrei­en? Herr Ham will gar sein Herz ent­fer­nen las­sen. Und doch fällt der Abschied schwer.

Es ist eine einer­seits unauf­dring­li­che Bild­welt, die sich in einem schnör­kel­los kom­po­nier­ten Ani­ma­ti­ons­kurz­film ent­fal­tet. Und sich zugleich sog­haft und male­risch über unse­ren Sin­nen ausdehnt.

Benannt ist die­ser Film übri­ges nach dem japa­ni­schen Namen einer stress­be­ding­ten Herz­mus­kel­er­kran­kung, doch tat­säch­lich lei­tet sich die Wort­her­kunft von einem Phä­no­men ab, das bild­haf­ter kaum wir­ken könn­te: Von einer japa­ni­schen Tin­ten­fisch­fal­le in Form eines Kru­ges mit kur­zem Hals. Wie die­se Tin­ten­fi­sche füh­len wir uns sicher­lich alle mal gele­gent­lich, auch wir in der Jury.

Und nur drei poin­tier­te und tief schür­fen­de Dia­lo­ge rei­chen in die­sem Film, um die exis­ten­zi­el­len Fra­gen des Lebens in eini­gen weni­gen nach­denk­li­chen Sät­zen und Bil­dern aus­zu­brei­ten, als wäre es ein lan­ges Buch mit unend­li­chen Kapi­teln.  Die Filmemacher*innen zei­gen, zu was das For­mat Kurz­film in der Lage ist: straf­fen, ver­dich­ten, erstau­nen. Wir sind begeistert.

Loben­de Erwäh­nun­gen im Deut­scher Wettbewerb

En el mis­mí­si­mo momen­to (Regie: Feder­i­co Luis & Rita Pauls)

Tough Moves (Regie: Jakob Michal)

Vir­tu­al Rea­li­ty Wettbewerb

VR AWARD

500 EUR gestif­tet von

Mini­tu­ryzm (Regie: Jan Grabowski)

JURY­BE­GRÜN­DUNG

Vor uns ragt eine ägyp­ti­sche Sphinx in den Him­mel. Doch plötz­lich wird die­se von einem gigan­tisch wir­ken­den Jun­gen erklet­tert, der für ein Foto posiert, das sei­ne hin­ter uns ste­hen­den, eben­falls rie­sig wir­ken­den Eltern von ihm machen. Im bes­ten Sin­ne unauf­ge­regt – ohne gro­ßes Effekt­feu­er­werk und ohne sich selbst zu ernst zu neh­men – setzt unser Gewin­ner­film die Mög­lich­kei­ten des VR-Medi­ums geschickt ein, um uns sonst unzu­gäng­li­che, ver­bor­ge­ne Per­spek­ti­ven zu eröff­nen. An die Welt der Gigan­ten aus Gul­li­vers Rei­sen erin­nernd, ent­führt er uns in einen Park vol­ler Tou­ris­mus­at­trak­tio­nen in Minia­tur­grö­ße. Dabei über­neh­men wir den Blick­win­kel der Kom­pakt-Kopien his­to­ri­scher Gebäu­de und Denk­mä­ler, sind damit den stän­di­gen Bli­cken der Besucher*innen und dem stän­di­gen Kli­cken der Kame­ras ausgeliefert.

Ein Zwi­schen­stopp in der Werk­statt, wo die detail­ge­treu­en Minia­tu­ren his­to­ri­scher Sta­tu­en ent­ste­hen. Zwi­schen die­sen prä­zi­sen Nach­bil­dun­gen beob­ach­ten wir einen krea­ti­ven Schaf­fens­pro­zess, der Fra­gen nach Kul­tur, Kunst und Kitsch auf­wirft – und uns den­noch den Frei­raum lässt, eige­ne Ant­wor­ten zu fin­den. Schließ­lich wer­den wir, im Modell eines grie­chi­schen Tem­pels gefäng­nis­gleich hin­ter Säu­len ste­hend, von zwei Män­nern durch den Park an unse­ren Bestim­mungs­ort getra­gen, schon jetzt unter der stän­di­gen Beob­ach­tung durch die Tourist*innen. Auf wen oder was schau­en wir her­ab, zu wem oder was schau­en wir herauf?

Deut­scher Wett­be­werb & Köl­ner Fenster

WDR PREIS

Ankauf des Gewin­ner­films durch den WDR (in den ver­gan­ge­nen Jah­ren bis zu 5.000 EUR)

A Stu­dy of Empa­thy (Regie: Hil­ke Rönnfeldt)

JURY­BE­GRÜN­DUNG

Hil­ke Rönn­feldt ist ein kri­ti­scher und ein­fühl­sa­mer Kurz­film gelun­gen. An der Ober­flä­che geht es um Empa­thie und das Pro­jekt einer Kunst­stu­den­tin. Der Film „A Stu­dy Of Empa­thy“ ent­hält aber auch eine wich­ti­ge Kri­tik am insti­tu­tio­na­li­sier­ten Kunst­be­trieb und der Medi­en­bran­che und dem Umgang mit ihren Protagonist:innen.

Die etwas mehr­ge­wich­ti­ge Dana mel­det sich frei­wil­lig für ein Kunst­pro­jekt der ambi­tio­nier­ten Kunst­stu­den­tin Pene­lo­pe. Es soll um Empa­thie gehen. Dana hat es sich eigent­lich gera­de mit Kek­sen auf dem Sofa gemüt­lich gemacht, als es klin­gelt. Freund­lich lässt Dana Pene­lo­pe in ihre etwas unauf­ge­räum­te Woh­nung. Die schlan­ke Kunst­stu­den­tin baut ziel­stre­big ihre Kame­ra auf. Für ihr Pro­jekt beginnt sie nun, sich vor Dana aus­zu­zie­hen. Die Kame­ra zeigt ein­fühl­sam Danas Ver­le­gen­heit. Die jetzt nack­te Pene­lo­pe beginnt Dana einen Brief vor­zu­tra­gen. Dar­in geht es um den sexu­el­len Miss­brauch durch ihren Vater. Die Zuschauer:in fühlt mit Dana, die nicht weiß, wel­che Reak­ti­on von ihr erwar­tet wird. Das lau­te Geräusch der Hei­zungs­roh­re erlöst Dana aus der Situa­ti­on und ihrer Ver­le­gen­heit. Das wars, Pene­lo­pe beginnt ihre Foto­ka­me­ra wie­der einzupacken.

Bei der Aus­stel­lungs­er­öff­nung eini­ge Wochen spä­ter kann Dana kein Foto von sich ent­de­cken. Die Fotos mit ande­ren Protagonist:innen und ihren Reak­tio­nen auf Pene­lo­pe und den Miss­brauch wer­den vom Aus­stel­lungs­pu­bli­kum aner­ken­nend kom­men­tiert. War Danas Foto nicht gut genug für die Aus­stel­lung? Dana kann ihre Ent­täu­schung und Ver­letzt­heit nur schwer ver­ber­gen. Ihre Reak­ti­on auf die Miss­brauchs­ge­schich­te war offen­bar nicht gut genug, um aus­ge­stellt zu werden.

Die WDR-Jury war von der Leis­tung der Schau­spie­le­rin­nen und ihrer Insze­nie­rung durch die Regis­seu­rin Hil­ke Rönn­feldt beein­druckt. Dana wird als freund­lich und warm, Pene­lo­pe als distan­ziert und kühl insze­niert. Die Kri­tik am insti­tu­tio­na­li­sier­ten Kunst­be­trieb ist in eine fein aus­ge­ar­bei­te­te fil­mi­sche Erzäh­lung ein­ge­baut. Es geht ober­fläch­lich um Empa­thie, die aber aus­ge­rech­net die Künst­le­rin ihrer Prot­ago­nis­tin nicht entgegenbringt.

Es geht auch um Ver­letz­lich­keit und Scham im Umgang mit Kör­per­lich­keit. Und dar­um, wie her­ab­las­send und sogar ver­ächt­lich in der Kunst­bran­che mit Men­schen umge­gan­gen wird, die nicht den schö­nen Stan­dards ent­spre­chen. Was lei­se daher kommt, wird durch das über­ra­schen­de Ende zu einer wuch­ti­gen Kri­tik am insti­tu­tio­na­li­sier­ten Kunst­be­trieb und dem Umgang mit sei­nen Protagonist:innen.

 

Deut­scher Wettbewerb

PUBLI­KUMS­PREIS

850 EUR gestif­tet von

The Red Sea Makes Me Wan­na Cry (Regie: Faris Alrjoob )

Köl­ner Fenster

PUBLI­KUMS­PREIS

Tech­nik­bei­stel­lung im Wert von 1.500 EUR gestif­tet von

The Wolf (Regie: Naa­ma Heiman)

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