SK Stiftung Kultur & IFFF — Internationales Frauenfilmfestival Dortmund|Köln
WAS KANN FAMILIE?
kuratiert von Birgit Hauska und Simon Rupieper
Die Zeiten in denen eine Familie zwangsläufig eine Mutter, einen Vater und ein Kind brauchte, sind vorbei. Unser Verständnis von Familie ist innerhalb der letzten Jahrzehnte weitaus diverser geworden, doch alle Familien haben letztlich eines gemeinsam: Sie fußen auf einem feinen Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz, das empfindlich auf plötzliche Veränderungen reagiert. Der Lockdown hat uns das schonungslos vor Augen geführt. Junge Erwachsene wohnen plötzlich wieder in den elterlichen vier Wänden, in vollen Heimen und leeren Wohngemeinschaften herrschen fehlende Privatsphäre oder intensive Einsamkeit. Partner*innen können sich nicht aus dem Weg gehen, Eltern und Kinder ringen um Arbeits‑, Spiel- und Freizeit. Es sind intensive Zeiten für alle familiären Gefüge. Auch Schmerz und Enttäuschung sind Teil davon, doch ebenso Geborgenheit, Liebe und Vertrauen. Es gibt nicht viele Menschen, mit denen wir derart prägende Zeiten erleben. Mit solchen, mit denen wir dies jedoch tun, teilen wir Geschichten. Einige davon sind Teil unseres Kurzfilmprogramms.
PERFORMING POWER
Auch Filmemacher*innen sind Teil der herrschenden Machtstrukturen. Welches Potenzial bietet das Filmemachen, um strukturelle Machtverteilung sichtbar zu machen und alternative Erzählungen zu entwickeln? Die Filmemacher*innen kombinieren unterschiedliche Materialien, stellen thematische Bezüge zwischen verschiedenen Zeiten her, arbeiten zum Teil intensiv mit Sprache und Schrift.
Beobachtung aus der Distanz kann strukturelle Abläufe sichtbar machen. Performative Rekonstruktionen ermöglichen es, in ihren subtilen Verschiebungen von Authentizität und Fiktion andere Perspektiven einzunehmen: auf gesellschaftliche Probleme wie Rassismus, Ausgrenzung und Stereotypen; auf geschichtliche, kulturelle oder geografische Deutungshoheiten; auf Bildung und Integration; auf die Auswirkungen kapitalistischer Strukturen und Macht im täglichen Leben.
Muster eines sich stets wiederholenden Alltags, dem die Filme mit Witz, Ironie oder Poesie entgegentreten. Und Fragen aufwerfen: Wer performt? Wer hat die Macht? Was bleibt unsichtbar? – Jessica Manstetten